Reisebericht von unterwegs

Teil 2

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Da unsere Reiseberichte von unterwegs länger als geplant ausfallen, haben wir uns dazu entschlossen, diese zweite Seite anzufangen, mal sehen wie viele noch folgen...


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Turkmenistan 30.05. - 05.06.2003
Usbekistan 05.06. - 26.06.2003
Kirgisien 26.06. - 24.06.2003

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Turkmenistan

Buchara - 09.06.2003

Buchara ist zwar in Usbekistan, aber in Turkmenistan waren wir nur sooo kurz und wollten die wertvolle Zeit nicht mit Computern verbringen!

Goldene Statue des Herrschers von Turkmenistan
Präsidentenvergötterungswahn und Riesenbrunnen in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat.
Die Fahrt über das Kaspische Meer dauerte planmäßige 13 Stunden, das bedeutete aber noch lange nicht, dass wir nach 13 Stunden in Turkmenistan ankamen. Unser Fährschiff ging nämlich morgens um 7.00 Uhr in Sichtweite des Hafenstädtchens Turkmenbashi vor Anker! Und dort blieb es auch bis 16.00 Uhr - deshalb kamen wir erst um 17.00 Uhr an. Doch selbst dann konnten wir trotz gültigem Touristenvisum nicht einreisen, weil unser seit neusten obligatorischer Abholservice erst um 19.00 Uhr erschien, obwohl spätestens 14.00 Uhr vereinbart war... Erst dessen mit unseren Namen versehenen Dokumente setzten den komplizierten Prozess der Einreise in Gang und nach einer guten Stunde konnten wir das Hafengelände verlassen. Kleiner Gag am Rande: die freundlichen turkmenischen Zollbeamten halfen uns beim Ausfüllen der Zolldeklaration, da die unerfahrene Tourbegleiterin mangels ihrer turkmenischen Sprachkenntnisse die Zollformulare nicht übersetzen konnte (sie sprach nur Russisch und Englisch, was früher in der UdSSR völlig ausreichend war).

Tolkuchka
Auf dem farbenprächtigen Tolkuchka Markt.
Wir unternahmen dann noch eine abendliche Rundfahrt und waren positiv überrascht: die Stadt war freundlich und sauber, die öffentlichen Einrichtungen wie z.B. Parks, Straßen, Bushaltestellenhäuschen und Bahnhof waren gut in Schuss (natürlich alle mit dem obligatorischen Konterfei des Präsidenten versehen) und auch die Wohnhäuser sahen gepflegt aus. Am nächsten Tag brachte uns einer der zahllosen Ladas in 8 Stunden Fahrt durch die Wüste nach Aschgabat. Unterwegs sahen wir immer wieder Kamele und besuchten den Bakharden Höhlensee, dessen Wasser sehr große Heilkräfte haben soll. Da das Wasser leider nicht schön kühl und erfrischend ist, sondern 37 Grad hat, nach verfaulten Eiern stinkt und wir dank unserer guten Gesundheit die Heilkräfte nicht benötigten, verzichteten wir auf ein Bad. Die relativ gute Straße war kaum befahren und unsere Fahrt wurde nur durch die zahlreichen Polizeiposten gebremst...

Kamelmarkt
Auf dem Tolkuchka-Bazar kann man auch Kamele kaufen!
Die Hauptstadt Aschgabat besuchten wir vor allem wegen dem berühmten Tolkuchka-Markt. Wir waren begeistert, im Getümmel der bunt gekleideten, das Marktgeschehen beherrschenden Frauen konnte man alle möglichen und unmöglichen Waren erstehen - hier eine kleine Auswahl: Lebensmittel aller Art, Seifen, Kochtöpfe, Stereoanlagen, Klimageräte, Teppiche, Kleidung, Schmuck, Autos und Ersatzteile, Kamele, Kühe, Schafe, Kleinvieh und vieles mehr.
Aschgabat selbst ist ein gemütliches Städtchen (600.000 Einwohner) mit vielen Parks inkl. prachtvoller Brunnen, breiten Straßen und unzähligen Portraits und teilweise vergoldeten Statuen des Präsidenten. Und damit alles so schön bleibt, darf dort auch nur wohnen, wer es schafft von der Regierung eine Genehmigung zu bekommen...

Die Oase Darvaza
Die Oase Darvaza in der Wüste von Turkmenistan.
Nach zwei Tagen grüner Hauptstadt ging es wieder in die Wüste, wir fuhren nach Darvaza ein Ort, der für die Arbeiter der nahegelegenen Phosphor-Mine von den Sovierts errichtet wurde. Heute leben die Menschen hier ohne Wasser- und Stromversorgung. Da man uns eine Oase angekündigt hatte, waren wir sehr erstaunt, dass die Menschen hier jeden Tropfen Wasser kaufen müssen und weit und breit kein einziger Baum stand oder sonstiges nennenswertes Grün zu sehen war.

Karawanserei
Eine moderne Karawanserei. In der Jurte haben wir geschlafen, daneben unser Gefährt russischer Herkunft.
Ein paar Kilometer weiter übernachteten wir in einer traditionellen Jurte neben einem Teehaus, das als Truckstop fungierte... Der Diesel-Generator lief die ganze Nacht und speiste das Licht neben unserer Jurte, welches dafür sorgte, dass unzählige Scarabaeus-Käfer und weiteres Insektenvolk den Weg zu unserer Schlafstatt fand.

Der Höhepunkt des Tages war der Besuch dreier Krater, kreisrunde Löcher im Boden mit senkrechten Wänden (Durchmesser ca. 50 Meter, Tiefe ca. 10 Meter). Der Grund des ersten war mit Wasser gefüllt, der zweite mit blubberndem Schlamm und im dritten züngelten von Erdgas gespeiste Flammen - ein beeindruckendes Schauspiel in der Nacht. Erst ganz zum Schluss wurden wir darüber aufgeklärt, dass es sich hierbei nicht um heilige Stätten, sondern um fehlgeschlagene Gasbohrungsversuche der Sovierts handelte.

konye-urgench
Überreste eines Minaretts in Konye-Urgench.
Am nächsten Morgen hieß es wieder früh aufstehen, denn wir hatten weitere 8 Stunden Schlaglochpiste vor uns, um nach Konye-Urgench zu kommen. Dort besichtigten wir die wenigen Überreste dieser einst sehr großen Stadt, die von den Mongolen fast vollstängig zerstört worden war. Wie wir später anhand alter Fotos herausfanden, waren zumindest einige der von unserem Guide als original angepriesenen Gebäudeverzierungen das Werk sehr guter Restauratoren. Wir besichtigten ein paar Medresen (Koranschulen) und Mausoleen mit schönen Eingangstoren und Kuppeln aus dem 12. bis 15. Jahrhundert, sowie das höchste Minarett Zentral-Asiens. Am nächsten Morgen überquerten wir die Grenze nach Usbekistan ohne Probleme.

Fazit zu unserer Turkmenistanreise

Wir hatten vorab eine Tour gebucht, weil Anfang 2003 Touristenvisa für Turkmenistan nur mit einer solchen Buchung ausgestellt wurden und die 5 Tage, die für Transitvisa ausgestellt werden, kamen uns zu kurz vor um etwas vom Land zu sehen. Unsere Tour brachte uns Zeitersparnis durch den privaten Transport, aber leider kaum tiefere Einblicke in die Kultur und das Alltagsleben des Landes. Für den Preis der Tour hätten wir eine kompetentere Tourbegeleitung, mehr Informationen und bessere Organisation erwartet.
Wir möchten hier keine allgemeingültige Empfehlung abgeben, aber wenn wir nochmnal die Wahl hätten, würden wir uns ein Transitvisum besorgen und um Zeit zu sparen viele Strecken mit den dort sehr günstigen privaten Fernstrecken-Taxen zurücklegen. Am besten wäre es natürlich, wenn man ganz viel Zeit für eine ausgedehnte Reise in diesem schönen und sehr großen Land hätte.


Usbekistan

Buchara - 10.06.2003

Khiva
Palasthof in Khiva.
In Usbekistan haben wir unsere Freiheit wiedererlangt - mit dem Grenzübertritt entledigten wir uns auch der Pauschaltour und konnten selbst bestimmen wann und ob wir was essen, wann und wo wir schlafen und wann und wie wir wohin fahren... Auch die Warterei hatte ein Ende: an der Grenze mussten wir nicht auf irgendeinen Abholservice warten, sondern genossen es ein paar hundert Meter zum nächsten Wartehäuschen zu laufen und von dort unkompliziert und billig mit Sammeltaxen nach Hojeli, von dort nach Nukus und dann über Biruni und Urgench nach Khiva zu fahren.

In Khivas Altstadt fanden wir ein nettes Guesthouse welches uns Vollpension für 15 Dollar pro Person anbot, wir schlugen zu und schlemmten 3 Tage lang bei Mirzuboshi. Wenn wir gerade mal nicht schlemmten oder schliefen, dann schlenderten wir durch die schöne Altstadt oder über den lustigen Markt. Fast die gesamte Altstadt wurde seit den 70er Jahren von den Sovierts renoviert, so reiht sich ein prachtvoller Bau an den anderen. Moscheen, Medresen (Koranschulen) und Paläste mit prächtigen, mit blaugemusterten Fliesen verzierten Eingangstoren, großzügigen Innenhöfen und bunt bemalten Holzdecken begeisterten uns. Und weil es so schön war und wir ja Zeit haben, blieben wir einen Tag länger als geplant.

Buchara
Blick auf die Altstadt von Buchara.
Inzwischen sind wir in Buchara und auch hier gibt es gigantische architektonische Meisterwerke, deren Besichtigung uns jedoch langsam ermüdet. Die ehemals quirligen Märkte in der historischen Altstadt sind heute fast ausschließlich von Souvenirläden belegt - keine Spur mehr vom Alltagsleben früherer Zeiten.

Heute sind wir in die Neustadt geflüchtet und sitzen jetzt auf einem sowjetischen Platz in einem sowjetischen Pavillion, hören russische Pop-Musik und machen uns bei strahlendem Sonnenschein und guter kühler Cola Sorgen über unsere Weiterreise. Denn das SARS-Problem in China scheint sich verfestigt zu haben und momentan kommt man allenfalls rein ins Land, aber nicht mehr raus. Zudem ist mit Quarantänemaßnahmen an den innerchinesischen Provinzgrenzen zu rechnen - Tibet ist komplett geschlossen. Damit ist unser Plan, auf dem Landweg nach Indien zu kommen, ein ziemlich kompliziertes Unterfangen geworden. Die Route über Turkmenistan, Iran und Pakistan ist nicht möglich, weil momentan für Turkmenistan keine Visa ausgestellt werden. Der direkte Weg nach Süden ist uns versperrt, da wir nicht durch Afghanistan reisen wollen. Die einzige Land-Seeweg-Option (außer der Vladiwostock-Route), die uns nicht bis nach Europa zurückführt, wäre in Kasachstan zum Kaspischen Meer zurückzufahren und dort von Aktau mit der Fähre (evtl. über Baku) in den Iran zu gelangen und dann via Pakistan nach Indien zu fahren. Ob das jedoch funktioniert und ob wir wirklich Lust dazu haben oder ob wir doch von Kirgisien nach Indien fliegen, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

Falls das mit China in Kirgisien nicht geht, haben wir uns auch schon gedacht, dass es evtl. nicht schlecht wäre, wenn wir dann wenigstens in die Mongolei weiter fahren, um so noch ein bisschen Zeit zu gewinnen - vielleicht machen die Chinesen ihr Land dann ja wieder auf? Problematisch daran ist nur, dass wir nicht bis in alle Zeit warten können, da wir in Indien und Nepal vor der Regenzeit ankommen wollen...

Taschkent - 21.06.2003

Bezüglich unserer Reiseroute nach Indien sind wir inzwischen wieder optimistisch, dass wir vielleicht doch über China fahren können. Die Gerüchteküche brodelt; aus diversen Quellen haben wir übereinstimmend erfahren, dass zum 1. Juli 2003 die Grenze wieder geöffnet werden soll und dass sich die SARS-Problematik etwas entspannt. Da wir unsere Einreise ins Land der Mitte erst für Ende Juli geplant haben bleibt den Chinesen ja noch ein bisschen Zeit uns den Weg zu ebnen. Falls die Grenze dann doch noch zu sein sollte, haben wir uns inzwischen dazu entschlossen uns nicht auf dem Landweg zu "verkrampfen", sondern einfach ein Flugzug zu besteigen!

Feuertempel
Wohl das berühmteste Gebäude der Seidenstraße: der Registan in Samarkand.
Die nächste Stadt auf unserem Weg nach Osten war das sagenumwobene Samarkand. Hier stehen am Registan die wohl berühmtesten Bauwerke der alten Seidenstraße: prachtvoll mit bunten Kacheln verzierte Medresen rahmen den Platz auf drei Seiten ein - das beeindruckte sogar uns von den vielen Sehenswürdigkeiten übersättigten Kulturbanausen! Auf unserem Besichtigungsprogramm standen noch einige sehr schöne Mausoleen, am aller besten gefiel uns jedoch der Markt und das relativ untouristische Alltagsleben drum herum.

Zusammen mit Holger aus Rheda fuhren wir mit einem der an Bus- und Bahnhöfen allgegenwärtigen fünfsitzigen Sammeltaxen nach Taschkent, wo wir in der Mittagshitze stundenlang nach einer geeigneten Unterkunft suchten. Schließlich fanden wir ein billiges Zimmer in Zentrumsnähe - dumm war nur, dass wir die Bettwanzen in den Matrazen erst beim schlafen gehen bemerkten und so zogen wir am nächsten Tag um. Unser neues Quartier war die Baustelle um die Ecke, die in ein paar Monaten ein Hotel sein wird, dessen Preise dann wohl über unserem Budget liegen werden.

Taschkent
Typisch sowjetischer Bau - wir haben sowas "Flunder" getauft.
Taschkent, laut unserem Reiseführer das Zentrum Zentralasiens, und mit über 2 Millionen Einwohnern die viertgrößte Stadt der Ex-UdSSR, überraschte uns in doppelter Hinsicht: sehr schön sind die vielen Straßencafes, große Parks mit schönen Brunnen, die die Sommerhitze erträglicher machen, gutes abwechslungsreiches Essen und die nette Atmosphäre. Sehr verwundert hat uns jedoch, dass wir trotz intensiver Suche kein Fotostudio fanden, das Diafilme entwickelt oder uns wenigstens neue verkauft. Wenn nicht doch noch ein Wunder passiert, müssen wir sie wohl von Bischkek in Kirgisien heimschicken und hoffen, dass sie dabei nicht durch alte bzw. defekte Durchleuchtungsgeräte ruiniert werden. Die verbleibenden 15 Filme werden uns dann notfalls schon bis Nepal reichen und dort gibt es sicher Nachschub zu kaufen.
Doch auch die anderen Dinge auf unserer Einkaufsliste waren erstaunlich schwer zu beschaffen. Postkarten - leider nur mit bedruckter Rückseite - fanden wir lediglich in den besten Hotels der Stadt und auch ein normales schönes T-Shirt zu kaufen war ein mehrstündiges Unterfangen...

Alles in allem gefällt uns Taschkent aber sehr gut, tagsüber ziehen wir durch die Stadt, machen zahlreiche Kaffee- und Cola-Pausen und abends verabreden wir uns mit Holger auf das ein oder andere Bierchen und philosophieren über das Reisen...

Osch - 29.06.2003

Osch liegt zwar schon in Kirgisien, aber die letzten Tage in Usbekistan haben wir von hier online gestellt.

Baku
Cayhana (Teegarten) in Margilan, Fergana-Tal.
Über bis zu 2600 Meter hohe Bergpässe fuhren wir nach Kokand im Fergana-Tal. Dort beeindruckte uns vor allem der Palast des letzten Khan und das superleckere Essen in unserem privaten Homestay. Von Fergana Stadt aus unternahmen wir noch einen recht interessanten Tagesausflug nach Margilan, wo wir eine Seidenfabrik besichtigten.

Für lächerliche 3000 Sum (ca. 2,60 Euro) fuhren wir am 26.06.2003 mit einem privaten Autochen die ca. 80 km zur kirgisischen (äh usbekischen) Grenze. Die Ausreise aus Usbekistan dauerte ca. eine halbe Stunde. Wir füllten wieder jeder zwei Zolldeklarationsformulare aus (eine für den Aktenordner, eine für uns - Souvenir?). Und da es hier ein tolles Durchleuchtungsgerät gab, mussten wir unsere Rucksäcke hier auch noch durchschieben und den Beamten auf dem Bildschirm des Gerätes den Inhalt erklären.

Unsere subjektiven Eindrücke von Usbekistan:

Wenn wir jetzt aus Kirgisien an unsere 3 Wochen in Usbekistan zurückdenken, halten wir folgende Besonderheiten für erwähnenswert:

Fazit: Jeden halbwegs kulturinteressierten Menschen, der sich schon mal überlegt hat, ein Stück die Seidenstraße entlang zu fahren, möchten wir hiermit bestärken, dies auch zu realisieren - es lohnt sich wirklich!

Kirgisien (auch Kirgistan genannt)

Osch - 29.06.2003

Man mit kirgisischen Hut auf einem Markt
Man mit typisch kirgisischen Hut auf dem Markt in Osch.
Die Einreise nach Kirgisien war äußerst unbürokratisch. In einem Blechcontainer wurden unsere Namen in ein Buch eingetragen, einen Einreisestempel gab es nicht und auch sonst wurden keine Eintragungen in den Pass vorgenommen; und auch wir mussten keine Zolldeklarationen o.ä. ausfüllen.

Jetzt sind wir in Osch, der zweitgrößten Stadt in Kirgisien. Die größte Attraktion in der 300.000-Einwohner-Stadt ist der riesige Basar. Und der Markt ist hier auch wirklich wichtig, denn er ist die einzige Einkaufsmöglichkeit neben den provisorischen Straßenständen, die v.a. Süßigkeiten und Zigaretten verkaufen und Getränkemärkten - die beiden Supermärkte, die es vor 4 Jahren noch gab, sind spurlos verschwunden...

Jetzt erholen wir uns gerade in einem russischen Straßencafe bei Cola, Bier und Eis von den Strapazen unserer ersten "Bergtour", auf den 100 Meter hohen Aussichtshügel. Im Park neben uns wird gerade eine dreistöckige Riesenjurte aufgestellt. Anhand der zahlreichen, zum Teil noch im Aufbau befindlichen, traditionellen Jurten um uns herum studierten wir eingehend die Konstruktionsweise, damit wir eine solche gemütliche Behausung im heimischen Garten aufstellen können...

Zum Höhepunkt des gestrigen Tages kann man in unserem Tagebuch lesen, dass wir Lenin besucht haben: "Der riesige Lenin steht an einem schönen Park mit Brunnen voller badender Kinder und winkt von seinem Sockel über einen recht großen Paradeplatz zum Sowjet-Style-Regierungsgebäude der Provinz, vor dem einige Wolga-Limousinen auf ihren nächsten Einsatz warteten - ein echter Time-Warp."

Bischkek - 08.07.2003

Wir blieben extra noch einen Tag länger in Osch, um noch den berühmten Sonntagsmarkt zu besuchen. Leider war der Markt nicht wirklich besser als an den Tagen zuvor. Den Sonntag in Osch zu verbringen war aber trotzdem gut, denn wir waren zu einer usbekisch-kirgisischen Kochsession bei einem jungen Lehrer eingeladen. Es gab Dumlama, einen Eintopf mit Kartoffeln, Fleisch, Hammelfett, Tomaten, Weisskraut, frischen Kräutern und jeder Menge Knoblauch - lecker.

Arslanbob
Eselkaravane auf dem Weg ins Jailoo (Sommerweide) in Arslanbob.
Auf der Fahrt nach Jalal Abad hatten wir die erste Autopanne auf unserer Reise: einen unspektakulären Plattfuß, der Reifen war schnell gewechselt und nach knapp 20 Minuten konnten wir unsere Reise wieder fortsetzen. Wir hatten schon lange auf unsere erste Panne gewartet, denn tausende von Kilometern gänzlich ohne Probleme zu fahren, kam uns schon komisch vor. In Jalal Abad, einem freundlichen Ort auf unserer Route, legten wir einen Übernachtungsstop ein, bevor es am nächsten Tag weiter in die Berge nach Arslanbob ging. Da wir inzwischen ein gewisses Faible für Sowjet-Style haben, mieteten wir uns eine Hütte in der Turbaza, einem ehemaligen sowjetischen Feriencamp und feierten dort bei schlechtem Bier und schönem Bachrauschen Marios Geburtstag. An der Turbaza hat uns am meisten die Betonjurte beeindruckt, die als Disco fungierte und bis 23 Uhr die beliebtesten russischen, aber leider auch "Modern Talking" Songs zum Besten gab. Tagsüber unternahmen wir schöne Wanderungen zu Sommerweiden, auf denen Pferde, Kühe, Ziegen und Schafe grasten, nette Bäche flossen und über denen riesige Adler ihre Kreise zogen.

Gut erholt traten wir die 2-tägige Weiterreise an. Nach einigen Fahrzeugwechseln und weiteren Autopannen, sowie einem Übernachtungsstop in Toktogul, erreichten wir am späten Nachmittag Bischkek, die Hauptstadt von Kirgisien und wohl die grünste Stadt Zentralasiens. Dort stiegen wir im momentanen "Geheimtipp-Homestay" gegenüber der deutschen Botschaft ab. Nachdem wir 2 Tage vergeblich auf den versprochenen Zimmerschlüssel gewartet hatten, fanden wir gestern Abend einen Japaner auf unserem Balkon vor, der sich dort für die Nacht eingerichtet hatte. Das, und der rege Transitverkehr durch unser Zimmer waren der Auslöser dafür, dass wir noch am selben Abend in ein Hotel wechselten.

Bischkek
Der große Platz vor dem Geschichts-Museum in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek. Wie so oft in Zentralasien baden die Kinder in den Brunnen!
Zu Bischkek gibt es noch folgendes zu berichten: die freundliche 800.000-Einwohner-Stadt hat noch nicht wirklich damit angefangen, die Ära der Sowjetunion sichtbar zu beenden. Hammer und Sichel finden sich an jedem öffentlichen Gebäude und im Geschichtsmuseum hinter der riesigen Leninstatue ist in der ersten Etage eine original sowjetische Ausstellung zur Verehrung Lenins erhalten. Deckenmalereien im ganzen Gebäude erzählen die Geschichte der Revolution und demonstrieren die Überlegenheit des sozialistischen Systems. Der Amerikaner, ein Cowboy mit Totenmaske, der auf einer Pershing-Rakete reitet, wird als Kriegstreiber angeklagt, während die Völker der Sowjetunion gegen ein zweites Hiroshima protestieren ... so alt und irgendwie doch erschreckend aktuell...

Was in Bischkek gar nicht an den Sozialismus erinnert, ist die enorme Warenvielfalt - hier bekamen wir endlich unsere Diafilme - die ausgestreckte Hand der riesigen Lenin-Statue zeigte auf den richtigen Laden (Für Reisende auf der Suche nach Diafilmen: Profoto-Centre, Chuy Prospekti 120).

Kashgar - 27.07.2003

Kashgar ist zwar nicht mehr in Kirgisien, aber von hier wurde der Bericht online gestellt.

Von Bischkek fuhen wir mit einem Minibus an den Issyk Köl See. Dort suchten wr uns in Cholpon Ata ein Zimmer und warteten auf schönes Badewetter. Leider war es recht gewittrig und deshalb hat es immer wieder geregnet... Wir gingen trotzdem an den Strand und baden; das Wasserwar überraschend warm und die häufig hinter Wolken versteckte Sonne hatte doch so viel Kraft, dass wir unsere Sonnencreme gut gebrauchen konnten. Sehr gut haben uns auch die Petroglyphen gefallen; die ca. Zweitausend Jahre alten Felsritzungen zeigen Tiere, Menschen und Jagdszenen. Wir durchstreiften das riesige "Freiluftmuseum" (Eintritt frei) ziemlich lange und fanden es sehr spaßig immer wieder neue Zeichnungen zu entdecken.

Unser nächster Stop war in Karakol. Da aber auch hier das Wetter nicht schön war, und uns obendrein die Trekkingtouren zu teuer waren, beschlossen wir uns eine nette Jurte auf einem Jailoo (=Sommerweide vergleichbar mit der Alm in den Alpen) zu suchen und von dort aus Tagesausflüge zu unternehmen. Zusammen mit Anne-Laure und Marc aus Genf und Laura und Antti aus Helsinki, die das Gleiche suchten, machten wir uns auf den Weg nach Barsgön. In diesem kleinen Ort sollte es einen Koordinator geben, der Touries hilft, zu einem Jailoo zu kommen. Der Name "Bakhet" ist aber wohl mit dem deutschen "Schmidt, Müller und Co." vergleichbar und auch der Name der Straße war den Leuten dort nicht so geläufig - wir suchten zwei Stunden, bis wir den Herrn Bakhet fanden (oder zumindest jemanden, der sagte, er sei es). Letztendlich organisierte er uns dann einen LKW, auf dessen Ladefläche wir zum Jailoo fuhren. Dort angekommen machte sich Enttäuschung breit: Die Jurte stand neben der Straße in einem recht schmalen Tal. Weiter bergauf befindet sich eine große Goldmine und entsprechend viele riesige LKW bretterten vorbei... Wir tranken den obligatorischen Kumys (vergorene Stutenmilch - nicht lecker für uns aber den Kirgisen schmeckts), bleiben eine Nacht und bekamen eine Mitternachtsdusche - die Jurte hielt dem starken Regen nicht stand und es wurde recht feucht.

Am Song Köl
Hier am wunderschönen Song Köl haben wir das Leben genossen und das Laufen den Perden überlassen.
Am nächsten Tag flüchteten wir nach Kochkor, um von hier aus einen Jailooaufenthalt am Song Köl, einem Bergsee auf 3000 Metern Höhe zu organisieren. Nach zähen Verhandlungen mit der örtlichen Transportmafia erreichten wir schließlich doch noch das Ziel unserer Träume: eine Jurte direkt am See, mit vielen Schafen, Kühen und Pferden ausenrum und bestes Sonnenwetter. Wir verbrachten die Tage mit ausschlafen, reiten, faulenzen und spazierengehen. Abends gingen wir im See schwimmen (es gab keine Dusche oder ähnliches). Nachts wurde es sehr kalt - trotzdem standen wir lange draußen, um den klaren Sternenhimmel zu betrachten.

Eine knappe Woche haben wir in Nomadenjurten verbracht, in wunderschöner Natur, aber ohne Waschgelegenheit. So fuhren wir zurück nach Bischkek, wo wir heiße Duschen und gutes Essen genossen.

Auf dem Weg von Bischkek nach Kaschgar in China verbrachten wir nach 4 Wochen unsere letzte Nacht in Kirgisien in einer schönen Jurte bei der alten Karawanserei Tash Rabat. Hier in einem malerisch schönen Tal auf 3100 Metern Höhe sahen wir zum ersten Mal richtig viele Yaks; laut Susi's Tagebucheintrag "zottelige Kühe". Am nächsten Tag ging es, vorbei an zahllosen zu ihren Löchern spurtenden Murmeltieren, über den 3700 Meter hohen Torugart-Pass zur chinesischen Grenze.

Folgende kirgisischen Besonderheiten wollen wir den interessierten Lesern nicht vorenthalten:

Im Vergleich zu Usbekistan kam uns Kirgisien wie ein Schlaraffenland vor. Bereits in Osch, dem ersten Ort nach der Grenze, bekamen wir leckeres Essen, denn in Kirgisien werden die zentralasiatischen Gerichte sehr gut gewürzt - toll. Außerdem gab es auf einmal wieder eine viel größere Produktvielfalt auf den Märkten, dank der viel liberaleren Importpolitik in Kirgisien und der Nähe zu China.

Lustig fanden wir die schwarz-weißen hohen Filzhüte , die die Männer hier tragen; ansonsten sind die Menschen hier weniger traditionell gekleidet als in Usbekistan und Turkmenistan.

In Kirgisien ist es nicht so heiss wie in Usbekistan und Turkmenistan und 40 % des Landes ist Bergland über 3000 Meter. Alles ist schön grün - das rührt daher, dass es hier recht häufig regnet. Landschaftlich sieht es fast so aus wie in den Alpen, auch dieselben Kühe sind hier heimisch. Die Almen hier heißen Jailoo und statt Hütten gibt es große Jurten, die mit schwerem Filzstoff bespannt und mit schönen Filzteppichen ausgelegt sind. Zu den Tieren, die die auf die Sommerweide geführt werden gehören Kühe, Schafe, Ziegen, Pferde und manchmal Yaks. Das Nationalgetränk hier heißt "Kumys" und ist vergorene Stutenmilch - das Ganze schmeckt recht säuerlich und ist fuer unsere Geschmäcker nicht sehr lecker.

In den Städten hat sich seit Sowjetzeiten (für unsere Augen) wenig geändert: an fast allen offiziellen Gebäuden sind Hammer und Sichel , sowie rote Sterne zu finden und vor vielen Rathäusern stehen zum Teil riesige Leninstatuen.



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