Reisebericht von unterwegs

Teil 7

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Und hier noch ein Reisebericht von uns aus China! Diesmal durchquren wir das Land von Sueden (aus Vietnam kommend) nach Norden, um dann in die Mongolei weiter zu fahren.


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China 05.06. - 22.06.2004
Mongolei 23.06. - 19.07.2004

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China

Baoshan - 08.06.2004

Chinesischer Großraumschlafwagen
In solchen chinesischen Schlafwagen ist Zugfahren gar nicht so schlimm!

Die Grenzbeamten im chinesischen Grenzort Hekou hießen uns freundlich willkommen und waren so beschäftigt mit der Kontrolle unserer Bücher in den großen Rucksäcken, dass sie nicht merkten, dass der Mario den Daypack mit Fotoapparat und vielen Filmen am Durchleuchtungsgerät vorbeitrug. Nach einiger Sucherei fanden wir schließlich eine Filiale der "Bank of China" (aus dem Zollgebäude raus rechts und dann die erste Straße links), wo wir am Automaten mit der Kreditkarte Remnimbi ("Volksgeld") zogen und in der Schalterhalle eine Schwarzmarktwechslerin trafen, die das tat, was die Bank hier nicht tut: vietnamesische Dong in chinesische Yuan wechseln.

Als das erledigt war, gingen wir zum gut organisierten Bushof, denn schon die Grenzer hatten uns gesagt, dass der Zugverkehr nach Kunming eingestellt ist. Nach einigem hin und her entschieden wir uns für Nachtbustickets, merkten dann aber schnell, dass das Schmarrn war und konnten die Fahrkarten glücklicherweise bei den netten Damen am Schalter gegen Tagbustickets eintauschen. Gerade noch rechtzeitig merkten wir, dass wir die Uhren eine Stunde zurück statt vorgestellt hatten (Malo-Logik war, dass ihm eine Stunde geklaut wird, weil er früher aufstehen muss und er so eine Stunde von der Vietnamzeit abziehen muss...). Wir hatten eigentlich noch zu Mittag essen wollen, jetzt war aber nur noch Zeit, ein paar Kekse zu kaufen und dann ging es schon los. Zum Abendessen hielten wir an einer Raststätte und bekamen das beste Essen seit Wochen - und wie wir erstaunt feststellten, mussten wir es nicht einmal bezahlen, denn es war im Fahrpreis enthalten!

Praktisch war, dass wir uns in Kunming schon auskannten, da wir ja vor ca. einem halben Jahr schon mal hier waren, und uns deswegen nicht ewig auf Hotelsuche begeben mussten. Den nächsten Tag verbrachten wir mit der Besichtigung diverser hypermoderner Shoppingcenter und kauften bei dieser Gelegenheit gleich noch ein paar Klamotten. Nur ein paar Meter neben der schönen neuen Einkaufswelt fanden wir noch ein paar Gassen mit hübschen alten Häuschen und hauptsächlich muslimischen Restaurants, wo gerade die Grills für die Fleischspießchen angeheizt wurden.

Inzwischen sind wir mit einem bequemen Nachtzug in die Provinz Sechuan weitergefahren. Jetzt sitzen wir gerade in Baoshan in unserem Hotelzimmer, erholen uns von einem kleinen Ausflug zu zwei buddhistischen Klöstern am Fuße des heiligen Berges Emei Shan und schreiben bei leckeren Schokokeksen und Traubensaft (kein Bier!) diesen Bericht.

Peking - 20.06.2004

Der riesige Buddaha in Leshan
Einer der größten Buddhas der Welt sitzt in Leshan.

Das geplante Trekking am Emei Shan fiel ins Wasser. Schon frühmorgens regnete es so sehr, dass an rausgehen nicht wirklich zu denken war. Da laut Wettervorhersage das Wetter so besch... bleiben sollte, fuhren wir noch am gleichen Tag weiter nach Leshan und gönnten uns dort ein Hotelzimmer, das größer war als unsere letzte Wohnung, um eine Zuflucht vor dem auch hier recht kräftigen und stetigen Regen zu haben. Als auch am nächsten Tag keine Wetterbesserung eintrat, beschlossen wir, uns den größten historischen Buddha der Welt (?) durch die Regenschleier hindurch anzuschauen. Hierzu nahmen wir ein Sightseeingboot, welches nach langer Wartezeit erst dann losfuhr, als endlich eine chinesische Reisegruppe an Bord kam - noch nie zuvor hatten wir uns so über eine der ewig hektisch agierenden Pauschaltourgruppen aus dem Reich der Mitte gefreut! Trotz Regen standen zahlreiche Touristen am Fuße der über 70 Meter hohen sitzenden Buddhastatue und vom Boot aus bekamen wir einen guten Eindruck von ihrer schieren Größe.

Riesenpanda
Ein Riesen-Panda beim Frühstück in der Aufzuchtstation bei Chengdu.

Eine rasante Busfahrt auf breiten leeren Highways brachte uns in nur zwei Stunden nach Chengdu, der Provinzhauptstadt von Sechuan. Schon die Hotelsuche war kein Spaß, denn das erste Hotel war voll, die Zimmer in der Jugendherberge waren überteuert und so mussten wir mit einem recht düsteren Zimmer außerhalb des Stadtzentrums Vorlieb nehmen. Die Stadt hatte kaum mehr zu bieten als jede andere chinesische Millionenstadt auch. Die im Reiseführer beschriebenen gemütlichen Ecken mit alten Häusern konnten wir jedenfalls nicht finden - unsere Vermutung ist, dass sie inzwischen wie überall in China plattgewalzt und durch hypermoderne Shoppingcenter, Bürogebäude und Wohnsilos ersetzt worden sind. Da auch die berühmten Teegärten im Dauerregen nicht so attraktiv sind, war das einzig Positive an Chengdu für uns der Besuch der Pandaaufzuchtsstation. Dank des Tips von zwei netten Mädchen aus Israel, die sich mit uns auf dem Schiff in Leshan über die Ankunft der chinesischen Tourgruppe gefreut hatten, mussten wir weder eine teure Tour, noch ein teures Taxi nehmen, denn wenn man mit Bus Nr. 1 bis zur Endhaltestelle beim Zoo fährt und dort in Minibus Nr. 1 umsteigt, kommt man für nur 1 Yuan pro Bus und Person in weniger als einer Stunde direkt zum Eingang der Pandaaufzuchtsstation. Wir waren extra früh gekommen, denn zwischen 9 und 10 Uhr ist Fütterung und anders als am Rest des Tages schlafen die süßen jungen und alten Pandas nicht, sondern fressen Bambus und sind aus nächster Nähe zu betrachten.

Da Teegartenwetter auch in den nächsten Tagen nicht in Sicht war, setzten und legten wir uns für 26 Stunden in den Zug nach Peking, wo wir von sonnigem Sommerwetter empfangen wurden. In Peking war alles recht einfach, weil wir ja vor einem halben Jahr oder so schon mal da waren. Susi handelte den Hotelpreis von 340 Yuan (43 Euro) auf 210 Yuan (26 Euro) runter und so können wir uns ein nettes Zimmer nahe der Fußgängerzone und der verbotenen Stadt leisten. Statt Sightseeing, das wir schon vor einem halben Jahr erledigt hatten, machten wir praktisch nichts außer shoppen, ins Kino gehen, essen und faulenzen und es ist kaum zu glauben, wie schnell dabei eine Woche vergehen kann.

Mongolei

Ulan Bator - 16.07.2004

Mit dem Zug ging es auf einer Strecke der transsibirischen Eisenbahn von Peking in die Mongolei. Als wir in Ulan Bator, einer der kältesten Hauptstädte der Welt ankamen, schien die Sonne und es war ca. 30 Grad warm! Die Zimmersuche gestaltete sich etwas schwierig und langwierig, war dann letztlich aber doch sehr erfolgreich: für 15 US-Dollar bekamen wir eine komplette 1-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad im Stadtzentrum!

Und dann ging alles ganz schnell. Noch bevor wir irgenwas von Ulan Bator sahen, saßen wir zusammen mit Graziano aus Italien und David aus Amerika in einem klapprigen russischen UAZ-Jeep (Jeep 69), welcher für die nächsten 16 Tage unsere Heimat werden sollte. Gleich am ersten Tag fuhren wir in den Khustei Nationalpark, wo wir zahlreiche Przewalski-Wildpferde (Infos dazu www.tierenzyklopaedie.de), Murmeltiere und große Greifvögel gesehen haben. Da wir bereits am frühen Nachmittag die Tour durch den Nationalpark beendet hatten, beschlossen wir, weiter in Richtung Westen zu fahren.

Jurteninnenansicht
Am Boden dieser Restaurantjurte haben wir die erste Nacht auf unserer Tour verbracht.
Abends hielten wir an einem mongolischen Truckstop, wo wir in einem Jurtenrestaurant zu Abend aßen. Als wir zu vorgerückter Stunde mit dem Essen fertig waren, wurden wir gefragt, ob wir nicht auch hier übernachten wollen, was wir dankbar annahmen. Wir rollten unsere Schlafsäcke auf dem Boden aus und stellten verwundert fest, dass der Restaurantbetrieb am Tisch direkt neben unserer Schalfstatt munter weiterlief - die mongolischen Gäste fanden es sehr unterhaltsam, unseren Schlafversuchen beizuwohnen, wir waren jedoch sehr froh, als gegen 3 Uhr morgens die Bedienungen in ihre Betten stiegen und der Betrieb vorübergehend eingestellt wurde.

Containermarkt
Typische Szene auf einem kleinen Containermarkt.
Schon am zweiten Tag unserer Reise konnten wir dank Dauerbeschallung, ohne die unser Fahrer Gamba scheinbar nicht fahren konnte, die fünf Cassetten auswendig mitsingen. Das schlimme daran war, dass Gamba auf Modern Talking und andere Gemeinheiten der 80er Jahre steht. Auf dem Containermarkt (= Läden in Transportcontainern) von Tsertserleg kauften wir ein paar neue Cassetten, um die Intervalle der Wiederholungen etwas zu verlängern - ganz so überzeugend waren die neuen Tapes aber auch nicht...

Unsere erste große Überraschung erlebten wir, als wir versuchten an einem schönen Flussufer zu campen. Wir hatten zwar 2 Zelte dabei, wie sich jedoch schnell herausstellte, fehlte bei einem das komplette Außenzelt und das als Moskitonetz konzipierte Innenzelt war ungefähr genauso regendicht wie das zweite Tunnelzelt dem die richtigen Gestänge fehlten! Zu unserem Glück improvisierte Gamba mit einer Plane und es regnete nicht all zu viel in der Nacht, trotzdem stand am nächsten Morgen fest: wir werden auf dieser Tour nicht mehr zelten!

Beispielsbild fuer Autokuehlen
Mario imitiert das Windrichtungsprüfen für das Motorabkühlen.
Neben seiner Schwäche für seichte Popmusik schien unser Fahrer auch ein Enthusiast des Schnellfahrens zu sein. Schon am ersten Tag hatten wir in den Bergen bei den Wildpferden Probleme mit unserem Auto, denn die Kühlwassertemperatur stieg gefährlich hoch an. Als Gamba dies merkte ging er aufs Gas und raste über die miserablen Pisten; nach kurzer Fahrt war dann aber Schluss, Gamba hielt an, sprang aus dem Auto um die Windrichtung mit ausgebreiteten Armen und flatterdem Hemd zu prüfen und lenkte das Auto dann in den Wind. Die Motorhaube wurde geöffnet und der Motor für ca. 5 Minuten auf hohe Drehzahlen gejagt, dann schaltete er den Motor aus und rauchte eine Zigarette, um sich die Zeit zu vertreiben. Ein Blick in den Motorraum verriet uns die Zusammenhänge: Der Ventilator für den Kühler wird bei diesem Fahrzeug mit einem Keilrimen betrieben und so bedeutet eine hohe Motordrehzahl viel Luft zum kühlen. Auch die Schnellfahrt soll der Motorkühlung dienen; die Theorie unseres Fahrers: "schnell fahren macht viel Kühlluft für den Kühler" schien aber nicht so ganz aufzugehen, denn bei schneller Fahrt wird naturgemäß auch der Motor heiss. So hielten wir je nach Windrichtung und Außentemperatur mehr oder weniger oft an, um das Kühlwasser wieder abkühlen zu lassen.

Weil aber schnell fahren über die Pisten der Mongolei eine recht holperige und materialbeanspruchende Angelegenheit ist, zerriss es den halben Plastikventilator für den Kühler und ein neuer musste her - kein Problem, die nächste Stadt war nicht weit. Aber auch der zweite Ventilator hielt nicht lange; mitten im Nichts der mongolischen Steppe riss uns der Keilriemen für die Servolenkung und fetzte dabei sämtliche Rotorblätter unseres neuen Kühlventilators ab. Weit und breit war keine Stadt zu finden, nur eine Jurte, wo wir Reis mit Hammelfleisch bekamen. Wir benötigten ewig um den nächsten Ort zu erreichen, denn wir rasten für ca. 10 Minuten und mussten dann ca. 20 Minuten warten bis der Motor für die nächste Runde Raserei abgekühlt war. Schließlich aber erreichten wir doch noch vor Einbruch der Dunkelheit unser erstes Bogd , einen Ort, dem man ansah, dass er schon bessere Zeiten erlebt hat und der nur sehr selten Besucher aus dem Ausland bekommt. Gamba fand hier einen alten Ventilator aus Metall, der nach Bearbeitung auch ins Auto passte und uns bis zum Ende unseres Trips gute Dienste leistete.

Mongolischer Ort
Ein etwas größerer Ort in der Steppe.
Von Bogd fuhren wir am nächsten Tag weiter nach Bogd - in der Mongolei gibt es zwar nicht allzu viele Orte, aber eben noch viel weniger Namen, und somit auch mehrere Orte mit denselben Namen. Wenn man die Landkarte der Mongolei länger betachtet, kann man Ortsmemorie spielen: neben den zwei Bogds gibt es mindestens zwei Altai und diverse Khuvsgol, die mal einen See, mal einen Ort, mal eine Provinz in komplett unterschiedlichen Gegenden bezeichnen. Wie dem auch sei: die zwei Bogds waren sich darin ähnlich, dass sie leicht verfallene ehemals recht gute Infrastrukur (Schulen, Einkaufszentren, Rathaus, Banken, Post) hatten, der man ansah, dass nach dem Zusammenbruch der Sowietunion nicht mehr viel Geld da war. Im "Zentrum" stehen die offiziellen Gebäude und ein paar alte Wohnblocks und es gibt ein paar Läden, außen herum befinden sich durch hohe Holzzäune abgeteilte Parzellen, innerhalb derer manchmal kleine Wohnhäuschen, viel öfter aber Wohnjurten stehen. In einem Garten können aber auch mehrere Jurten und/oder Häuschen gleichzeitig stehen, oftmals dienen die Jurten dann als Küche oder Werkstatt - oder eben auch als Wohnungserweiterung. Uns gefiel der morbide Charme dieser Orte - in Bogd 2 wurde der Zaun des Stadtparkes renoviert und die Abgrenzung der Fußgängerzone war frisch gestrichen, David und Graziano fanden hingegen, dass es hier aussah wie nach einem Atomkrieg...

Landschaft der Mongolei
Die mongolische Steppen-Landschaft.
Nicht nur die Bogds waren einander vom Namen und auch vom Aussehen her sehr ähnlich, sondern das weite Land machte das Navigieren nicht unbedingt einfach - grüne Steppe mit Hügeln überall! Wir hatten keine technischen Hilfmittel wie GPS und gute Landkarten dabei, aber das machte nichts, denn das mongolische GPS (Ger Positioning System) funktioniert überall dort, wo die Gers (= Jurten) der Nomaden zu finden sind. Wenn Gamba nicht mehr weiterwusste, fuhr er zu einem Ger, verschwand darin und kam erst 15 Minuten später wieder heraus - neben Information gab es jedes Mal Airag (=vergorene Stutenmilch), die man wie es uns erschien trinken musste, wenn man Informtionen haben will. Für Gamba bedeutete dies, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden, denn er liebt den Geschmack dieses Getränkes, um welches wir uns so gut es ging herumdrückten.

Besser schmeckte uns da schon das Hammelfleisch, welches wir jeden Tag genossen. Mal in Nudeln, mal in Reis, mal in Suppe und mal in Teigtaschen. Hammel war überall: draußen auf der Wiese noch lebend und als großes Stück Fleisch von den Dachstreben baumelnd in fast jeder Jurte. Kleine Tiere durften in der Jurte übernachten, die Decken der Jurte wurden aus Schaffellen gefilzt und überall roch es nach Hammel - irgendwann auch wir, die wir ein Teil dieser Welt geworden waren und ohne Dusche brachten wir den Geruch auch nicht los. Wir mögen Hammel immer noch, aber Graziano hat wohl für die nächsten Wochen genug...

Genug hat er wohl auch von den mongolischen Toiletten, die man am ehesten als Stehplumpsklos bezeichnen kann. Auf dünnen sich gefährlich biegenden Brettchen steht man über den Sch...häufen der Vorgänger und wenn ein kräftiger Windstoß von hinten kommt und die Türe, in der man gerade steht, einem in den Rücken weht, kann man froh sein, wenn man nur mit einem Bein im Schlamassel steht und außer ein paar Schrammen nichts passiert ist... Glück im Unglück hatte auch David, als er trotz mehrfacher Warnung unserer Führerin mit seinem zweihöckrigen Kamel galloppierte und es ihn abwarf - außer ein paar blauen Flecken ist nichts passiert.

Mongolisches Nationalsymbol
Das mongolische Nationalsymbol auf einem Ovoo (schamanistische Sammlung von Opfergaben an die Götter).
Unsere sehr billige Jeeptour brachte es mit sich, dass wir nicht wie andere Touristen in teuren Touristenjurten (ohne Hammelgeruch) übernachteten, sondern fast immer bei Nomadenfamilien, die entweder eine eigene Besucherjurte hatten oder zusammenrückten, wenn sie uns bei sich aufnahmen. Das war interessant für beide Seiten: wir spielten mit den Kindern, tranken Wodka mit den Erwachsenen, schauten beim Melken von Yaks und Ziegen zu und hatten meistens Zuschauer, wenn wir schlafen gingen. Das bedeutete zwar weniger Privatsphäre, aber eben auch das Kennenlernen der Mongolei wie sie ist und nicht wie sie für Touristen zurechtgemacht wird. Recht kompliziert sind auch die Verhaltensregeln in einem Ger, die wir teilweise aus dem Reiseführer schon kannten, und teilweise erst lernen mussten. Uns war klar, dass wir den Ofen nur in Uhrzeigersinn umrunden durften, uns links oder hinten in die Jurte setzen mussten, keine langen Gespräche auf englisch führen sollten und Getränke und Speisen annehmen und verzehren sollten. Was wir nicht wussten war, dass wir z.B. Wodkabecher und den gefürchteten Airag direkt vom Gastgeber annehmen, einen kräftigen Schluck nehmen und dann das hoffentlich leere Gefäß wieder dem Gastgeber zurückgeben sollten, anstatt es in der Runde weiterzugeben. Manchmal benahmen wir uns in solchen Fällen wohl aus Unwissenheit etwas daneben, aber man verzieh dies den seltsamen Ausländern zum Glück.

Die Jeeptour hat uns sehr gut gefallen, wir haben die Weite der Steppe erlebt, die im Süden in die Wüste Gobi übergeht, sind auf Kamelen geritten, haben mitverfolgt, wie Leute mit Pferden und Mopeds zu den Gers gefahren sind, die als Wahllokale für die Parlamentswahlen dienten, haben die erbarmungslose Sonne und heftigsten Regen erlebt, der die Pisten in kürzester Zeit in glitschige Rutschpartien verwandelt, haben viele Jurten von innen gesehen und wenige andere Touristen getroffen. Und auch wenn die Tour recht schlecht organisiert war (unser Fahrer hatte nicht genug Benzingeld und keine gute Staßenkarte, unsere Zelte waren nicht benutzbar und die Route die wir fuhren war eine andere als die vor Abfahrt vereinbarte), sind wir doch froh, dass wir die billigste von uns gefundene Jeeptour gewählt haben, denn der Abenteuerfaktor war hier sehr wahrscheinlich höher als auf gut organisierten Touren mit gehobener Unterkunft. Wir würden es wieder tun!

Nadaam
Auf dem Gelände wo die Pferderennen des Nadaam-Festes ausgetragen werden.
Dennoch waren wir froh, als wir nach 16 Tagen nach Ulan Bator zurückkamen, wo wir wieder unser Appartment bekamen, uns den Schmutz von 2 Wochen abduschten, das abwechslungsreiche Essensangebot der Restaurants genossen (Pizza ohne Hammel!) und via Internet wieder den Anschluss an die Welt fanden. Außerdem waren wir pünktlich zum Nadaam-Festival, welches jährlich vom 11. bis 12. Juli veranstaltet wird, wieder zurück in der Hauptstadt. Dieses Festival ist eine Art Mini-Olympiade in der Mongolei mit den Disziplinen Pferderennen, Bogenschießen und Ringen. Die Eröffnungsveranstaltung war ein farbenfroher Umzug mit der ganzen Vielfalt mongolischer Trachten, tollen Akrobatikeinlagen und diversen Tänzen im Stadion. Die mongolische Variante des Sumoringens, bei der man Pausen machen kann und das Schieben des Gegners vom Spielfeld nicht Sieg sondern Kampfunterbrechung bedeutet, langweilte uns bald, auch wenn die netten Höschen und kurzen Blusen der Ringkämpfer schon eine Augenweide waren. Das Bogenzielschießen unterhielt uns ebenfalls nicht den ganzen Tag, so dass wir uns leichten Herzens vom Festivalgelände am Stadium trennten und uns mit dem Bus zum 30 km entfernt stattfindenden Pferderennen aufmachten. Die Reiter, Kinder zwischen 8 und 16 Jahren, mussten eine Strecke von bis zu 30 km mit ihren Pferden zurücklegen, was bedeutete, dass sie ewig lang hinter den Hügeln verschwunden waren, bis sie zum Zieleinlauf wieder ins Blickfeld der Zuschauer rückten. Die Kinder und die Pferde waren ziemlich fertig, aber auch glücklich und stolz, als sie nach und nach ins Ziel einliefen. Das Fest war schön gewesen, aber nun freuen wir uns auch, dass wir noch bis zum Ende der Woche hier in Ulan Bator bleiben, ein bisschen Sightseeing machen und viel faulenzen können, bevor wir am 18. Juli den Zug nach Russland besteigen.

Falls auch du in die Mongolei fahren willst, hier ein paar Infos:

Unsere 16-tägige Jeeptour haben wir beim billigsten Anbieter gebucht - Jeeptouren werden praktisch von jedem Guesthouse und von einigen Cafes, sowie natürlich von Reisebüros angeboten. Wir bezahlten insgesamt 820 Dollar, das macht gut 50 Dollar pro Tag für Jeep, Fahrer und Benzin. Dazu kamen noch die Übernachtungs- und Essenskosten. Eine Jurtenübernachtung mit Verpflegung kostete meistens zwischen 3 und 4 Dollar, ein Essen in einem einfachen Restaurant ist für 1-2 Dollar zu haben. Mit 4 Leuten plus Fahrer hatten wir gut Platz im Jeep und unsere Endabrechnung ergab einen Tagessatz von 18 Euro pro Tag und Person - inclusive alles. Mit dem Touranbieter waren wir nicht sehr zufrieden, weil wir nicht funktionstüchtige Zelte bekommen haben, unser Fahrer nicht genügend Benzingeld mitbekommen hatte und unsere ursprünglich vereinbarte Route ohne uns zu informieren abgeandert wurde - der Fahrer wusste nichts davon und hatte auch kein Geld für "Umwege" dabei. Der Touranbieter war "Nassan's Guesthouse" - wer eine Tour mit ihm bucht, sollte die Ausrüstung vorher genau anschauen und einen Vertrag aufsetzen, der Pannen wie bei uns ausschließt.

Anders als im Lonelyplanet Reiseführer beschrieben, sind Lebensmittel in fast jedem Laden des Landes erhältlich. Brot, Nudeln, Kartoffeln, Kekse, Schokoriegel und Essiggurken, sowie Käse, Marmelade und Zwetschgenkompott gibt es praktisch immer und die Containermärkte der größeren Orte sind ganz gut ausgestattet - sogar Campingzelte und Postkarten fanden wir! Es ist also nicht nötig, sich in Ulan Bator mit Lebensmitteln für zwei Wochen einzudecken!

Die Ausländertickets für das Nadaam-Festival kosten 17 Dollar für die Eröffnungsveranstaltung und man bekommt unter Umständen einen schlechten Sitzplatz an der Seite des Stadions, von wo aus man nur sehr schlecht sieht (so ging es einem Freund von uns). Wir haben die (Einheimischen-)Tickets für alle beiden Tage für 10.000 Tugruk (8,50 Dollar) beim Chez Bernard Cafe gekauft und einen guten Sitzplatz direkt gegenüber der Ehrentribüne auf Rang 10 bekommen - mit der Sonne im Rücken und nahe am Geschehen.



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